22.02.2022 - Widerruf Autokredit und Leasingvertrag

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  • Widerrufsverfahren von Wawra und Gaibler vor dem EuGH! Autodarlehens- und Leasingverträge können nun in vielen Fällen zeitlich unbegrenzt widerrufen werden
  • Dies hat der EuGH jüngst in seinen verbraucherfreundlichen UrteilenC-33/20, C-155/20 und C-187/20 entschieden.
  • Der EuGH entschied: Aufgrund fehlerhafter Widerrufsbelehrungen in vielen Verträgen beginnt die Widerrufsfrist nicht zu laufen
  • Verbraucher können folglich alle bislang bezahlten Raten sowie die geleistete die Anzahlung zurückfordern
  • Weitere Rechtsprechung


  • EuGH, 26.03.2020, Rechtssachen C-33/20, C-155/20 und C-187/20)
  • BGH, 27.10.2020 - XI ZR 525/19
  • OLG München, 18.06.2020 - 32 U 7119/19
  • LG Ravensburg, 28.09.2021 - 2 O 378/20 und 2 O 390/20


Um sich ihren Traumwagen finanzieren zu können, nehmen viele Verbraucher einen Autokredit auf oder schließen einen Leasingvertrag ab. Ein Autokredit ist ein Darlehen, mittels welchem ein Fahrzeug in monatlichen Raten abbezahlt wird. Für diese Art der Finanzierung konsultieren die meisten Verbraucher eine Bank, häufig auch die Hersteller-zugehörige Autobank. Bei einem Leasingvertrag wird über eine gewisse Laufzeit (oftmals zwei bis vier Jahre) eine monatliche Rate an den Leasinggeber entrichtet. Nach dem vereinbarten Zeitraum muss das Fahrzeug - wenn nicht anders festgelegt - zurückgegeben werden.

Gründe für einen vorzeitigen Widerruf eines Autokredit- oder Leasingvertrags

Grundsätzlich steht Verbrauchern beim Abschluss eines Autokredit- oder Leasingvertrags eine 14-tägige Widerrufsfrist zu. In diesem Zeitraum kann der Vertrag uneingeschränkt widerrufen werden. Haben die finanzierenden Banken jedoch wichtige Angaben in den Widerrufsinformationen fehlerhaft oder unverständlich formuliert, kann der Vertrag darüber hinaus widerrufen werden. Die gesetzliche Regelung besagt in solchen Fällen, dass die Widerrufsfrist nie zu laufen begonnen hat. Selbst bereits abgeschlossene Leasing- oder Darlehensverträge können widerrufen werden.
Auch die Rechtsprechung urteilt verbraucherfreundlich. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) urteilte am 26.03.2020 (Rechtssachen C-33/20, C-155/20 und C-187/20), dass die Widerrufsinformationen in Finanzierungsverträgen für Kunden häufig unverständlich sind. Mittels undurchsichtiger und umständlicher Paragraphenverweisungen werden die Daten zur Widerrufsfrist Kunden beinahe unkenntlich gemacht. Am 09.09.2021 bestätigte und bekräftigte der Europäische Gerichtshof seine Entscheidung in den Rechtssachen C-33/20, C-155/20 und C-187/20 erneut. Vorliegend waren Verträge der BMW-Bank, VW-Bank und Skoda-Bank betroffen, gleichwohl finden sich die verwendeten Klauseln in den meisten Leasing- und Kreditverträgen.

Die Hauptkritikpunkte des EuGHs waren fehlerhafte Zinsangaben und unzureichende Angaben zu Beschwerdemöglichkeiten des Verbrauchers. Obengenannte Banken gaben den geltenden Verzugszinssatz nicht als Prozentsatz an und unterschlugen auch die konkrete Berechnungsformel bei Änderung des Zinssatzes. Weiterhin wurden die dem Verbraucher zustehenden außergerichtlichen Beschwerde- oder Rechtsbehelfsverfahren und deren jeweilige Formalitäten nicht korrekt erteilt.

Welche Autofinanzierung- und Leasingverträge können widerrufen werden

Aufgrund der Urteile des Europäischen Gerichtshofs können sämtliche Autodarlehensverträge widerrufen werden, unabhängig davon, ob der Vertrag noch läuft oder bereits abgeschlossen ist. Dasselbe gilt für Restleasingverträge.

Die Verbraucherschutzkanzlei Wawra und Gaibler erzielte bei der Thematik Kilometerleasingverträge einen Sensationsbeschluss vor dem Landgericht Ravensburg (Beschluss vom 28.09.2021, Az.: 2 O 378/20 und 2 O 390/20). Entgegen der Annahme des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 24.02.2021, Az.: VIII ZR 36/20) ging das LG Ravensburg davon aus, dass auch rechtswidrige Widerrufsbelehrungen in Kilometerleasingverträgen gegen europäisches Recht verstoßen. Somit sind auch diese Verträge ewig widerrufbar.

Der Beschluss des LG ist nicht der erste seiner Art, der entgegen der Ansicht des BGH erging. Bereits in einem vergleichbaren Fall folgte das Landgericht nicht dem Tenor des Bundesgerichtshofs und wurde vom Europäischen Gerichtshof in allen Punkten bestätigt.
Bestätigt werden die Auffassungen aus Ravensburg auch vom Oberlandesgericht Frankfurt. Dieses hält die BGH-Rechtsprechung zum Widerruf von Kilometerleasingverträgen ebenfalls für unionsrechtswidrig (Beschluss vom 22.09.2021, Az.: 17 U 42/20).

Wann sind Widerrufsbelehrungen fehlerhaft? Verschiedene Bausteine von Autokredit- und Leasingverträgen können fehlerhaft und umständlich formuliert sein.

  1. Kaskadenverweis
    Unter „Kaskadenverweis“ versteht man Normen, die nicht innerhalb eines Paragraphen eindeutig abgehandelt und erklärt werden, sondern zu deren Verständnis der Verbraucher von Paragraph zu Paragraph verwiesen wird. In den meisten Widerrufsbelehrungen findet sich eine Verweisungskette, die von § 492 Absatz 2 BGB ausgehend auf viele weitere Paragraphen in anderen Gesetzen verweist. Diese Darstellung der Widerrufsbelehrung verstößt jedoch laut dem EuGH (Urteil vom 26.03.2020, Rechtssache C-66/19 und dem BGH (Urteil vom 27.10.2020, Az.: XI ZR 498/19) gegen Europäisches Recht:
    „Die nationalen Regelungen in § 492 Abs. 2 BGB und Art. 247 § 6 EGBGB lassen nach ihrem Wortlaut offen, ob und auf welche Weise in der Widerrufsinformation auf die zu erteilenden Pflichtangaben hinzuweisen ist. Nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB muss dies lediglich klar und verständlich sein. Diese Voraussetzung ist auslegungsfähig, so dass bei einer richtlinienkonformen Auslegung eine Verweisung auf weitere Rechtsvorschriften den Anforderungen an Klarheit und Verständlichkeit nicht genügt.“
  2. Verzugszinssatz
    In seiner Ausführung der Rechtssachen C-33/20, C-155/20 und C-187/20 geht der EuGH weiterhin auf die Anforderungen an die Informationen über den Verzugszinssatz ein. Gemäß Art. 10 Abs. 2 Buchst. l der Richtlinie 2008/48 ist der Kreditvertrag in eindeutiger, präziser Form anzugeben. Der Verbraucher ist vorschriftsgemäß sowohl über den Verzugszinssatz (Angabe hat in Prozent zu erfolgen) als auch über eventuell anfallende Verzugskosten zu unterrichten.
  3. Vorfälligkeitsentschädigung
    Dieselbe Entscheidung des EuGHs befasst sich mit der Form der Vorfälligkeitsentschädigung. Der EuGH nimmt (Leasing-)Banken in die Pflicht, Verbraucher auf prägnante, nachvollziehbare Weise über die Entschädigung bei vorzeitiger Darlehensrückzahlung zu informieren. Schlichte Verweise auf etwaige Rahmenbedingungen genügen den Formanforderungen nicht.
    Außergerichtliches Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren
    Der EuGH erachtet es nicht als ausreichend, wenn Verbraucher hinsichtlich der Verfahrensordnung lediglich auf digitale Textstücke verwiesen werden. Kredit- bzw. Leasingnehmern muss es möglich sein, eine Stelle zu außergerichtlichen Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren zu konsultieren. Somit soll sichergestellt werden, dass auch Personen, die nicht näher mit den Modalitäten vertraut sind, ihren Streitfall angemessen einschätzen können.
  4. Außergerichtliches Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren
    Der EuGH erachtet es nicht als ausreichend, wenn Verbraucher hinsichtlich der Verfahrensordnung lediglich auf digitale Textstücke verwiesen werden. Kredit- bzw. Leasingnehmern muss es möglich sein, eine Stelle zu außergerichtlichen Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren zu konsultieren. Somit soll sichergestellt werden, dass auch Personen, die nicht näher mit den Modalitäten vertraut sind, ihren Streitfall angemessen einschätzen können.
  5. Hinweis auf das Vorliegen eines verbundenen Vertrags
    Um dem Verbraucherschutz ausreichend Rechnung zu tragen, haben Unternehmer ihre Verbraucher darüber in Kenntnis zu setzen, dass es sich bei einer Autofinanzierung immer um einen verbundenen Vertrag handelt. Art und Form des Kredits sowie Ware/Dienstleistung und der Barzahlungspreis sind in eindeutig erkennbarer Weise anzugeben.

Betroffene Banken: Bei welchen Banken können die Autokredit- oder Leasingverträge widerrufen werden?

Betroffen sind unter anderem folgende Banken:

  • AKF BANK
  • ALD LEASE FINANZ
  • AIL LEASING
  • ALFA ROMEO BANK
  • Audi Leasing
  • AUTO EUROPA BANK
  • BANK11Creditplus BANK
  • FCA BANK
  • FIAT BANK
  • HONDA BANK
  • JAGUAR BANK
  • JEEP BANK
  • LANCIA BANK
  • LAND ROVER BANK
  • MASERATI BANK
  • Mercedes Benz Leasing
  • MOBILITY CONCEPT
  • NISSAN BANK
  • Nissan Leasing
  • Opel Leasing
  • PEUGEOT BANK
  • PORSCHE BANK
  • PSA BANK
  • RENAULT BANK
  • SIXT Leasing/ Allane SE
  • TARGOBANK
  • TOYOTA KREDITBANK
  • BANK DEUTSCHES KRAFTFAHRZEUGGEWERBE


Weitere Rechtsprechung

Der BGH urteilte in seiner Entscheidung XI ZR 525/19, dass der Widerruf eines Darlehensvertrags auch noch Jahre nach Vertragsschluss erklärt werden kann. Vorliegend machte der Kläger Ansprüche gegen die FCA Bank geltend. Der BGH bestätigte die Argumentation des Klägers, da die Widerrufsfrist des Finanzierungsvertrags wegen fehlerhafter Widerrufsbelehrung gar nicht erst zu laufen begonnen hatte.

Das Oberlandesgericht München erließ am 18.06.2020 (Az.: 32 U 7119/19) ein weitreichendes Urteil für Leasingnehmer in Deutschland. Es entschied, dass aufgrund unvollständiger und inkorrekter Widerrufsbelehrungen, die Pflicht zur Bezahlung fälliger Leasingraten entfällt. Wurde ein Vertrag erfolgreich widerrufen, kann das Fahrzeug an die Bank zurückgegeben werden. Im Gegenzug erhält der Verbraucher seine Anzahlung und alle seither bezahlten Raten – ohne Abzug einer Nutzungsentschädigung – zurück.

Die Oberlandesgerichte Hamm (Urteil vom 27.11.2019, Az.: 31 U 114/18), Saarbrücken (Urteil vom 13.08.2020, Az.: 4 U 100/19) und Dresden (Urteil vom 05.11.2020, Az.: 8 U 1084/20) äußerten sich zum Erfüllungsort für die Rückabwicklung von Autokredit- und Leasingverträgen. Auch nach Vertragswiderruf befindet sich der einheitliche Erfüllungsort dort, wo sich das Fahrzeug vertragsgemäß befindet, mithin regelmäßig am Wohnsitz des Darlehensnehmers. Dies wird damit begründet, dass die kreditgewährende Bank nach erfolgreichem Widerruf in die Position des Verkäufers eintritt, vgl. § 358 Abs. 4 S. 5 BGB. Die Interessenlage ist im Fall des Widerrufs eines mit einem Kaufvertrag verbundenen Darlehensvertrages mit derjenigen bei der Rückabwicklung eines Kaufvertrages vergleichbar. Hierbei sind etwaige Überführungskosten nicht vom Verbraucher zu tragen. Auch sprechen nach obergerichtlicher Ansicht Praktikabilitätsgründe für diese Auffassung. Dem Verbraucher ist es nicht zumutbar, das Fahrzeug meist einige hundert Kilometer vom Wohnort entfernt herauszugeben. Im Ergebnis heißt das, dass die Leasinggesellschaft oder Darlehensbank das Fahrzeug nach erfolgtem Widerruf beim Verbraucher abholen muss, der Verbraucher muss es also nicht selbst zum oft weit entfernten Sitz der Bank bringen.

Bekannt aus

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