Um sich ihren Traumwagen finanzieren zu können, nehmen viele Verbraucher einen Autokredit auf oder schließen einen Leasingvertrag ab. Ein Autokredit ist ein Darlehen, mittels welchem ein Fahrzeug in monatlichen Raten abbezahlt wird. Für diese Art der Finanzierung konsultieren die meisten Verbraucher eine Bank, häufig auch die Hersteller-zugehörige Autobank. Bei einem Leasingvertrag wird über eine gewisse Laufzeit (oftmals zwei bis vier Jahre) eine monatliche Rate an den Leasinggeber entrichtet. Nach dem vereinbarten Zeitraum muss das Fahrzeug - wenn nicht anders festgelegt - zurückgegeben werden.
Grundsätzlich steht Verbrauchern beim Abschluss eines Autokredit- oder Leasingvertrags eine 14-tägige Widerrufsfrist zu. In diesem Zeitraum kann der Vertrag uneingeschränkt widerrufen werden. Haben die finanzierenden Banken jedoch wichtige Angaben in den Widerrufsinformationen fehlerhaft oder unverständlich formuliert, kann der Vertrag darüber hinaus widerrufen werden. Die gesetzliche Regelung besagt in solchen Fällen, dass die Widerrufsfrist nie zu laufen begonnen hat. Selbst bereits abgeschlossene Leasing- oder Darlehensverträge können widerrufen werden.
Auch die Rechtsprechung urteilt verbraucherfreundlich. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) urteilte am 26.03.2020 (Rechtssachen C-33/20, C-155/20 und C-187/20), dass die Widerrufsinformationen in Finanzierungsverträgen für Kunden häufig unverständlich sind. Mittels undurchsichtiger und umständlicher Paragraphenverweisungen werden die Daten zur Widerrufsfrist Kunden beinahe unkenntlich gemacht. Am 09.09.2021 bestätigte und bekräftigte der Europäische Gerichtshof seine Entscheidung in den Rechtssachen C-33/20, C-155/20 und C-187/20 erneut. Vorliegend waren Verträge der BMW-Bank, VW-Bank und Skoda-Bank betroffen, gleichwohl finden sich die verwendeten Klauseln in den meisten Leasing- und Kreditverträgen.
Die Hauptkritikpunkte des EuGHs waren fehlerhafte Zinsangaben und unzureichende Angaben zu Beschwerdemöglichkeiten des Verbrauchers. Obengenannte Banken gaben den geltenden Verzugszinssatz nicht als Prozentsatz an und unterschlugen auch die konkrete Berechnungsformel bei Änderung des Zinssatzes. Weiterhin wurden die dem Verbraucher zustehenden außergerichtlichen Beschwerde- oder Rechtsbehelfsverfahren und deren jeweilige Formalitäten nicht korrekt erteilt.
Aufgrund der Urteile des Europäischen Gerichtshofs können sämtliche Autodarlehensverträge widerrufen werden, unabhängig davon, ob der Vertrag noch läuft oder bereits abgeschlossen ist. Dasselbe gilt für Restleasingverträge.
Die Verbraucherschutzkanzlei Wawra und Gaibler erzielte bei der Thematik Kilometerleasingverträge einen Sensationsbeschluss vor dem Landgericht Ravensburg (Beschluss vom 28.09.2021, Az.: 2 O 378/20 und 2 O 390/20). Entgegen der Annahme des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 24.02.2021, Az.: VIII ZR 36/20) ging das LG Ravensburg davon aus, dass auch rechtswidrige Widerrufsbelehrungen in Kilometerleasingverträgen gegen europäisches Recht verstoßen. Somit sind auch diese Verträge ewig widerrufbar.
Der Beschluss des LG ist nicht der erste seiner Art, der entgegen der Ansicht des BGH erging. Bereits in einem vergleichbaren Fall folgte das Landgericht nicht dem Tenor des Bundesgerichtshofs und wurde vom Europäischen Gerichtshof in allen Punkten bestätigt.
Bestätigt werden die Auffassungen aus Ravensburg auch vom Oberlandesgericht Frankfurt. Dieses hält die BGH-Rechtsprechung zum Widerruf von Kilometerleasingverträgen ebenfalls für unionsrechtswidrig (Beschluss vom 22.09.2021, Az.: 17 U 42/20).
Hinweis auf das Vorliegen eines verbundenen Vertrags
Um dem Verbraucherschutz ausreichend Rechnung zu tragen, haben Unternehmer ihre Verbraucher darüber in Kenntnis zu setzen, dass es sich bei einer Autofinanzierung immer um einen verbundenen Vertrag handelt. Art und Form des Kredits sowie Ware/Dienstleistung und der Barzahlungspreis sind in eindeutig erkennbarer Weise anzugeben.
Der BGH urteilte in seiner Entscheidung XI ZR 525/19, dass der Widerruf eines Darlehensvertrags auch noch Jahre nach Vertragsschluss erklärt werden kann. Vorliegend machte der Kläger Ansprüche gegen die FCA Bank geltend. Der BGH bestätigte die Argumentation des Klägers, da die Widerrufsfrist des Finanzierungsvertrags wegen fehlerhafter Widerrufsbelehrung gar nicht erst zu laufen begonnen hatte.
Das Oberlandesgericht München erließ am 18.06.2020 (Az.: 32 U 7119/19) ein weitreichendes Urteil für Leasingnehmer in Deutschland. Es entschied, dass aufgrund unvollständiger und inkorrekter Widerrufsbelehrungen, die Pflicht zur Bezahlung fälliger Leasingraten entfällt. Wurde ein Vertrag erfolgreich widerrufen, kann das Fahrzeug an die Bank zurückgegeben werden. Im Gegenzug erhält der Verbraucher seine Anzahlung und alle seither bezahlten Raten – ohne Abzug einer Nutzungsentschädigung – zurück.
Die Oberlandesgerichte Hamm (Urteil vom 27.11.2019, Az.: 31 U 114/18), Saarbrücken (Urteil vom 13.08.2020, Az.: 4 U 100/19) und Dresden (Urteil vom 05.11.2020, Az.: 8 U 1084/20) äußerten sich zum Erfüllungsort für die Rückabwicklung von Autokredit- und Leasingverträgen. Auch nach Vertragswiderruf befindet sich der einheitliche Erfüllungsort dort, wo sich das Fahrzeug vertragsgemäß befindet, mithin regelmäßig am Wohnsitz des Darlehensnehmers. Dies wird damit begründet, dass die kreditgewährende Bank nach erfolgreichem Widerruf in die Position des Verkäufers eintritt, vgl. § 358 Abs. 4 S. 5 BGB. Die Interessenlage ist im Fall des Widerrufs eines mit einem Kaufvertrag verbundenen Darlehensvertrages mit derjenigen bei der Rückabwicklung eines Kaufvertrages vergleichbar. Hierbei sind etwaige Überführungskosten nicht vom Verbraucher zu tragen. Auch sprechen nach obergerichtlicher Ansicht Praktikabilitätsgründe für diese Auffassung. Dem Verbraucher ist es nicht zumutbar, das Fahrzeug meist einige hundert Kilometer vom Wohnort entfernt herauszugeben. Im Ergebnis heißt das, dass die Leasinggesellschaft oder Darlehensbank das Fahrzeug nach erfolgtem Widerruf beim Verbraucher abholen muss, der Verbraucher muss es also nicht selbst zum oft weit entfernten Sitz der Bank bringen.
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