Nach dem bahnbrechenden Erfolg vor dem Europäischem Gerichtshof (EuGH) und Verwaltungsgericht Schleswig: Deutsche Umwelthilfe (DUH) klagt gegen unzulässige Abschalt-Einrichtungen in Euro 5 und Euro 6b/c Diesel-Pkw.
Die DUH hat nach ihrem jüngsten Erfolg vor Gericht Schritte unternommen, um gegen unzulässige Abschalt-Einrichtungen in Diesel-Pkw der Euro 5 und Euro 6b/c Stufen vorzugehen. Am 9.3.2023 hat der Verband beim Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) Rechtsmittel eingelegt. Damit fordert er die Behörde auf, alle betroffenen Fahrzeuge mit den geltenden Bestimmungen zur Abgasreinigung in Einklang zu bringen und die unzulässigen Abschalt-Einrichtungen zu entfernen. Insgesamt sind etwa 8,6 Millionen Diesel-Pkw in Deutschland betroffen.
Das KBA hat nun amtliche Rückrufe für Fahrzeuge mit Betrugs-Abgasreinigungen zu veranlassen. Die Nachrüstung betrifft Fahrzeuge, die unzulässige Abschalt-Einrichtungen, wie beispielsweise ein Thermofenster, verbaut haben. Das KBA gab zu, dass bis zur Einführung der Emissionsnorm Euro 6d-Temp alle mit einer Abgasrückführung ausgestatteten Diesel-Pkw entsprechende Abschalt-Einrichtungen besaßen. Dies geschah im Zuge einer Musterklage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) wegen Abschalt-Einrichtungen in einem Golf-Modell vor dem Verwaltungsgericht Schleswig (3 A 113/18).
Die Rückrufe betreffen auch Fahrzeuge, die in anderen EU-Staaten typengenehmigt wurden, da das KBA gemäß der EU-Verordnung 2018/858 für deren Rechtskonformität verantwortlich ist. Die betroffenen Fahrzeuge deaktivieren bei bestimmten Temperaturen oder Fahrsituationen dauerhaft die ordnungsgemäße Abgasreinigung.
Der Bundes-Geschäftsführer der DUH, Jürgen Resch, vertritt folgende Ansicht: Politische Absprachen zwischen Regierung und Dieselkonzernen sind ausschlaggebend, dass es über fünf Jahre gedauert hat, bis der EuGH dem KBA rechtswidriges Vorgehen nachweisen konnte. Er führte aus, dass die unterlassene Nachrüstung und die dadurch viel zu hohen Stickstoff-Emissionen zum vorzeitigen Tod tausender Menschen führte. Die Dieselkonzerne wollten sich durch die nicht erfolgte Reparatur der funktionsuntüchtigen Abgasreinigung Kosten ersparen.
Besonders in Städten, wo der Straßenverkehr vorherrscht, ist die Luftbelastung durch Stickstoffdioxid so hoch, dass in Deutschland jährlich 27.700 Menschen vorzeitig sterben. In der gesamten EU sind es sogar 136.000 Menschen. Das KBA verweigert eine effektive Marktüberwachung und handelt als Bettvorleger der Autokonzerne. Die DUH will mit ihren Klageverfahren diesem Missstand ein Ende setzen. Mit Urteil vom 08.11.2022 (C-873/19) hatte der EuGH die vom KBA zunächst als legal befundenen Abschalt-Einrichtungen als unzulässig eingestuft und dadurch die Auffassung der DUH bestätigt. Von dem Urteil sind nicht nur die künftigen, sondern auch die vor dem Urteil erteilten Typen-Genehmigungen betroffen.
Eine Untersuchung des Council on Clean Transportation (ICCT) hat ergeben, dass bei 77 Prozent der behördlichen Untersuchungen von Diesel-Pkw in Europa "verdächtige" Stickoxid-Emissionen festgestellt wurden. Die ICCT geht davon aus, dass diese Emissionen auf eine illegale Manipulation der Abgas-Nachbehandlung durch Abschalt-Einrichtungen zurückzuführen sind. Bei mindestens 40 Prozent der Tests wurden sogar "extreme" Emissionen gemessen. Trotz dieser Hinweise und der bereits ergangenen Urteile des EuGH haben europäische Marktüberwachungs-Behörden wie das KBA bislang nicht reagiert.
Der ICCT stützt seine Analyse auf eine Vielzahl von Datenquellen. Dazu gehören behördliche Untersuchungen im Labor und auf der Straße sowie der Straßentest unabhängiger Organisationen wie dem Emissions-Kontroll-Institut der DUH. Zudem wurden Daten aus einer umfassenden Datenbank mit Remote-Sensing-Messungen einbezogen, die die Emissionen vorbeifahrender Fahrzeuge erfasst. Angesichts der Ergebnisse hat der ICCT Verbände in Frankreich und Großbritannien auf den Bericht aufmerksam gemacht und sie aufgefordert, die zuständigen Behörden zur Rechenschaft zu ziehen. ClientEarth erwägt in diesem Zusammenhang weitere rechtliche Schritte.
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