Verbraucher sind regelmäßig von Massenschäden betroffen. In Betracht kommt zum einen der Dieselskandal oder die steigenden Strompreise. Betroffene mussten in solchen Fällen ihr Recht auf Schadensersatz selbst einklagen. Dabei waren der Aufwand und die Kosten enorm hoch, sodass viele diesen Schritt scheuten.
Eine Ausnahme gab es im deutschen Recht. Nämlich die zum 01.11.2018 eingeführte Musterfeststellungs-Klage. Diese erwies sich jedoch als stumpfes Schwert, weil mit der Musterfeststellungs-Klage nur grundsätzliche Rechtsfragen geklärt werden konnten. Einen echten durchsetzbaren Anspruch auf Schmerzensgeld konnten Verbraucher durch die Musterfeststellungs-Klage nicht erreichen. Vielmehr mussten sie im Nachgang nochmals selbst ihr Recht einklagen.
Die EU verlangt nunmehr von den Mitgliedstaaten die Einführung von Verbandsklagen zum Schutz der Kollektiv-Interessen der Verbraucher. Künftig müssen die Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Verbandsklage einführen. Diese war bis Dezember 2022 in deutsches Recht umzusetzen.
Richtlinie gibt einen Mindeststandard vor, jedoch sind weitergehende Regelungen möglich
Die Verbandsklage-Richtlinie setzt voraus, dass der deutsche Gesetzgeber nun eine Verbandsklage einführt. In Betracht kommt beispielsweise Schadensersatz, Reparatur, Ersatzleistung, Preisminderung, Vertragsauflösung oder Erstattung des gezahlten Preises. Die Richtlinie gibt nur einen Mindeststandard vor, von dem durch weitergehende Regelungen abgewichen werden kann. Die EU-Richtlinie bietet dem Mitgliedsstaat also viel Spielraum.
Unterschieden wird zwischen Opt-in Modell und Opt-out Modell. Bei einem Opt-in Modell muss der Verbraucher selbst aktiv werden. Bei einem Opt-out Modell ist er automatisch beteiligt. Die Richtlinie lässt Opt-out Klagen zu, jedoch wird für Verbandsklagen mit grenzüberschreitendem Sachverhalt ein Opt-in Modell vorgeschrieben.
Vorzugswürdig ist das Opt-in Modell. Eine aktive Teilnahme ist demzufolge nur bis zur ersten mündlichen Verhandlung notwendig. Falls der Verband die Klage verliert, ist auch derjenige Verbraucher an das Ergebnis gebunden, der den Opt-in erklärt hat. Ein früher Opt-in macht den Umfang der Gesamt-Schadenssumme für die beklagten Unternehmen gut abschätzbar und erleichtert etwaige Vergleichslösungen. Der Verbraucher hat demzufolge keine Möglichkeit, erst einmal das Urteil abzuwarten, um sich anschließend diesem anzuschließen, falls ihm das Ergebnis zusagt. Die Anmeldung hat somit frühzeitig zu erfolgen.
Grundsätzlich gibt die EU-Richtlinie vor, dass das Verbandsklage-Verfahren nur bei der Verletzung bestimmter Verbraucherschutz-Bestimmungen des EU-Rechts (einschließlich der nationalen Umsetzungsnormen) zur Verfügung steht. Jedoch ermöglicht der Referenten-Entwurf auch Verbandsklagen, die auf sämtliche Ansprüche von Verbrauchern gegen Unternehmer gerichtet und bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten einzuordnen sind.
Vorgesehen ist ein zweistufig gerichtliches Verfahren. Zuerst stellt das Gericht mittels einem Abhilfe-Grundurteil die Berechtigung der Ansprüche fest. Falls die Ansprüche bejaht werden, kann das Gericht die Parteien auffordern, möglichst einen Vergleich über die Umsetzung des Grundurteils zu erzielen, indem die Parteien eine gütliche Einigung anstreben. Falls es zu keinem Vergleich kommt, wird das Verfahren fortgesetzt und durch ein Abhilfe-Endurteil entschieden.
Das Gericht entscheidet im Falle einer vereinfachten Schadensermittlung und verurteilt das Unternehmen zur Zahlung eines kollektiven Gesamtbetrages. Ein gerichtlich bestellter Sachwalter prüft die einzelnen Ansprüche der Verbraucher und erfüllt diese. Falls der Sachwalter einen Anspruch verneint, kann der Verbraucher seinen Anspruch mit einer Individual-Klage verfolgen. Im umgekehrten Fall kann der Unternehmer den an den Verbraucher ausgezahlten Betrag mit einer Individual-Klage zurückfordern.
Die Verbandsklage nimmt den Auftrag der Richtlinie mit dem Ziel auf, den Verbraucherschutz stärken und Unternehmen ebenfalls vor Missbrauch zu schützen. Damit sollen wechselseitige Interessen ausgeglichen werden. Die Richtlinie wurde bis 25.12.2022 in deutsches Recht umgesetzt. Die neuen Regelungen treten am 25.06.2023 in Kraft.
Datenschutzübersicht
Diese Website verwendet Cookies, um Ihre Erfahrung zu verbessern, während Sie durch die Website navigieren. Von diesen Cookies werden die nach Bedarf kategorisierten Cookies in Ihrem Browser gespeichert, da sie für das Funktionieren der Grundfunktionen der Website unerlässlich sind. Wir verwenden auch Cookies von Drittanbietern, mit denen wir analysieren und nachvollziehen können, wie Sie diese Website nutzen. Diese Cookies werden nur mit Ihrer Zustimmung in Ihrem Browser gespeichert. Sie haben auch die Möglichkeit, diese Cookies zu deaktivieren. Das Deaktivieren einiger dieser Cookies kann sich jedoch auf Ihr Surferlebnis auswirken.