16.10.2023 Verbraucherblog - AG Lübeck: Legendäres Urteil zu Wildpinkeln am Meer

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Wildpinkler im Rampenlicht des Ordnungsamts

Eine gesellige Runde saß 2022 in einer lauen Sommernacht am Ostseestrand der Lübecker Bucht. Ein Mitglied der Gruppe ging genau zwanzig Meter vom Freundeskreis weg. Die exakte Entfernung ermittelte später das Gericht. Der Mann pinkelte mit dem Rücken zu den Personen in den Bereich des Spülsaums. Dieser beschreibt den Uferbereich des Meeres, wo das Wasser Sedimente an den Strand spült.

Der Wildpinkler bemerkte in der Dunkelheit niemanden in seiner unmittelbaren Umgebung. Daher fühlte er sich unbeobachtet. Diese Annahme erwies sich jedoch als falsch. Denn drei Angestellte des Ordnungsamtes näherten sich ihm zufällig auf ihrer Streife. Sie verhängten eine Geldstrafe von 60 Euro gegen den Wildpinkler. Nach Ansicht der Beamten verstieß er gegen § 118 des Ordnungswidrigkeiten-Gesetzes (OWiG). Die Begründung lautete, er habe die Allgemeinheit durch sein "grob ungehöriges Handeln" belästigt.

Lübecker Urteil zugunsten des Wildpinklers

Das Amtsgericht (AG) Lübeck stellte sich folgende Frage: Lag im Wildpinkeln eine „grob ungehörige Handlung“, die die Gesellschaft belästigte? Das Gericht in Lübeck verwarf mögliche Anknüpfungspunkte sofort wieder. Gemäß § 118 OWiG wäre eine Rechtfertigung für einen Verstoß die Verletzung des öffentlichen Schamgefühls. Allerdings ist es üblich, dass Männer in öffentlichen Toiletten gemeinsam in Pissrinnen oder Urinale pinkeln. Daher ist hier (zumindest unter Männern) kein Schamgefühl vorhanden. Andererseits könnte eine Geruchs-Belästigung und Verschmutzung durch den Urin aufgetreten sein. Die Ostsee enthält jedoch über 21.600 Kubikkilometer Wasser. Eine Verschmutzung oder Geruchsbelästigung ist durch die starke Verdünnung unmöglich.

Wer sich in der Natur aufhält, verspürt durchaus das Verlangen, seine Blase zu entleeren. Oftmals befindet sich an einer Küste keine Toilette in Sichtweite. Aus diesem Grund hatte der Mann, der wild urinierte, keine andere Option als sich direkt am Meer Erleichterung zu verschaffen. Das AG Lübeck erklärte mit seinem Urteil (29.06.2023, Az. 83a OWi 739 Js 4140/23 jug.): „Der Mensch hat unter den Weiten des Himmelszeltes nicht mindere Rechte als das Reh im Wald, der Hase auf dem Feld oder die Robbe im Spülsaum der Ostsee.“


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