(Bundesarbeitsgericht, Az. 2 AZR 28/19)
Generell stellt sich vorab natürlich die Frage, wann beleidigende oder diskriminierenden Äußerungen auf Social-Media-Plattformen arbeitsrechtlich relevant sind? Grundsätzlich gilt, dass das rein private Verhalten keine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verletzt. Trotzdem können in manchen Fällen Äußerungen in sozialen Netzwerken ausnahmsweise eine Abmahnung oder Kündigung rechtfertigen. Eine Pauschalantwort, wann dies der Fall ist, kann nicht gegeben werden. Es hängt – wie so oft – vom Einzelfall ab. Relevante Kriterien sind hierbei:
Der Kläger war 17 Jahre im öffentlichen Dienst beim Freistaat Thüringen beschäftigt. Zuletzt war er Schichtleiter beim IT-Dauerdienst im Landeskriminalamt (LKA). Dieser betreut alle IT-Systeme der Landespolizei, des Verbunds mit anderen Bundesländern und der Bundespolizei sowie den Digitalfunk aller sicherheitsrelevanten Stellen. Am 31. August 2016 nahm der Kläger an einer „Diskussion“ über Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im öffentlich einsehbaren Teil von Facebook teil und schrieb bezogen auf einen Teilnehmer: „Fick dich du Stück Nazischeiße“, „Scheißlappen“ und „Nazipack“. Bezogen auf einen anderen Teilnehmer schrieb er: „…ohne uns hätten die Moslems garnichts, die Pfeifen könnten sich noch nicht mal in die Luft sprengen ohne unsere Hilfe. Die sind nicht nach Deutschland gekommen um uns zu helfen, sondern weil es in ihren Ländern so Scheiße war, und nun will uns diese Brut erzählen, wie beschissen es in Deutschland ist, ab nach Waziristan mit euch Abschaum.“ Die Staatsanwaltschaft erhob daraufhin Anklage gegen den Kläger wegen Volksverhetzung und Beleidigung. Das Strafverfahren gegen den Kläger wurde in der Folgezeit gegen Zahlung eines Geldbetrags eingestellt. Nach Anhörung durch den Personalrat kündigte der Freistaat Thüringen fristlos. Das Bundesarbeitsgericht stellte fest, dass die Kündigung unwirksam war.
Das Bundesarbeitsgericht stellte fest, dass an einem wichtigen Grund iSv. § 626 Abs 1 BGB für eine fristlose Kündigung fehle. Es sei dem Beklagten zumutbar gewesen, zunächst den Versuch zu unternehmen, künftigen Vertragsstörungen durch Abmahnung zu begegnen. Es hätte ausgereicht den Kläger darauf hinzuweisen, dass derartiges Verhalten als Pflichtverletzung gesehen werde und im Wiederholungsfall zur Kündigung führen könne. Außerdem wäre es dem Freistaat Thüringen zumutbar gewesen, den Kläger zumindest bis zum Ablauf der Frist für eine ordentliche Kündigung mit – weniger sicherheitsrelevanten – Alternativtätigkeiten zu beschäftigen.
Rassistische Äußerungen auf sozialen Netzwerken wie Facebook, Instagram oder Twitter können grundsätzlich einen Kündigungsgrund darstellen. Die Hürden für eine fristlose Kündigung sind jedoch hoch (bei einem privaten Arbeitgeber sind sie noch höher als im hiesigen Fall). Auch eine ordentliche personenbedingte Kündigung muss nicht in jedem Fall gerechtfertigt sein. Oft wird zunächst der Ausspruch einer Abmahnung ausreichen.
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