Ein Kläger, der seit mehr als zwei Jahrzehnten in einem Unternehmen beschäftigt war, hatte Anfang Januar einen im Weihnachtsgeschäft nicht verkauften Schokoladen-Weihnachtsmann gegessen. Dieser war in einem separaten Nebenraum gelagert, und nicht mehr in den Verkaufsräumen des Beklagten aufgrund des beendeten Weihnachtsgeschäftes. Dem Arbeitnehmer wurde daraufhin die Kündigung ausgesprochen, gegen diese er sich vor dem Arbeitsgericht Berlin zur Wehr setzte. Die Richter des Arbeitsgerichts entschieden zugunsten des Arbeitnehmers und hielten die Kündigung für unwirksam.
Der Arbeitgeber führte aus, dass es sich um einen Diebstahl handelt, und daher eine Trennung im Wege einer Kündigung unausweichlich ist. Demnach habe man dem Kläger in Aussicht gestellt, dass wenn er nicht selbst kündige, eine auf betriebliche Gründe festgesetzte, fristgerechte Kündigung erfolgen wird. Aus der Sicht des Klägers wurde ihm mit einer Drohung klargemacht, dass man ihm, wenn er nicht unterzeichne, und die ordentliche Kündigung aus dringenden betrieblichen Gründen akzeptiere fristlos kündigen werde. Beide Angaben unterscheiden sich erheblich voneinander.
Der Arbeitnehmer brachte als Argument das sogenannte Bienenstich-Urteil (Urteil vom 17.05.1984 - 2 AZR 3/83) des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 1984 vor. Es ging dabei um eine Bäckereifachverkäuferin, die ein Stück Bienenstich aß, ohne es zu bezahlen. Daraufhin kündigte ihr der Arbeitgeber fristlos, da sie diesen ohne Erlaubnis verzehrt hatte. In diesem Fall war die Kündigung gerichtlich bestätigt worden.
Jedoch wendet das Gericht im vorliegenden Fall dagegen ein, dass das Urteil unter keinen Umständen mit dem vorliegenden Fall zu vergleichen ist. Zum einen fehle es dem Kläger an einem unrechts Bewusstsein hinsichtlich des Verzehrs des Schoko-Weihnachtsmann. Zum anderen seien diese Überbleibsel von Schokolade aus dem Vorjahr.
Gerade bei einer solcher Bagatelle ist nach einer Kündigung der Fokus besonders auf das Prinzip der Verhältnismäßigkeit zu legen. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses darf demnach nicht "Erste Hilfe", sondern nur als "letztes Mittel" zur Wahrung vertraglicher Belange des Arbeitgebers erfolgen. Nach dem ArbG hätte es nicht direkt eines Abbruchs der Arbeitsbeziehung bedurft. Vielmehr hätte vorab eine Zurechtweisung und eine Abmahnung des Arbeitnehmers erfolgen sollen. Angesichts der langen Zugehörigkeit des Klägers sei somit erst recht ein milderes Mittel als eine Kündigung in Aussicht zu nehmen.
Ob eine gewisse Verhaltensweise für die Verhältnismäßigkeit einer Kündigung ausreicht, hänge demnach „von der unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls vorzunehmenden Interessenabwägung” ab. Der Beklagte verkannte seine Pflicht zur Abwägung der Einzelfallumstände und wähnte sich rechtsirrig auf der ,,sicheren Seite‘‘. Das Gericht gab der Kündigungsschutzklage statt und erklärte wie unschwer zu erahnen, die Kündigung für unwirksam. Der Arbeitgeber wurde zur Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers verurteilt.
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