Eine Abmahnung ist in aller Regel Voraussetzung für verhaltensbedingte Kündigung. Man erwartet vom Abgemahnten, dass er sein Fehlverhalten ablegt. Tut er dies nicht und legt er ein konkret abgemahntes Verhalten nochmals an den Tag reicht eine einmalige Abmahnung im Vorfeld der Kündigung in der Regel aus. Doch eine Abmahnung ist auch ausnahmsweise entbehrlich. Dies kann bei eklatanten Störungen des Vertrauensverhältnisses der Fall sein oder wenn klar ist, dass die Abmahnung keinen Effekt auf das Verhalten des Arbeitnehmers haben wird. Es handelt sich dabei jedoch um absolute Einzelfälle. Fast immer ist eine Abmahnung im Vorfeld einer verhaltensbedingten Kündigung notwendig, wie das folgende Urteil des LAG Rheinland-Pfalz zeigt.
Die Klägerin war rund zwei Jahre bei den US-Streitkräften als Sachbearbeiterin beschäftigt. Sie fuhr mit dem Dienstwagen über 3 Monate hinweg mehr als 9.000 km privat. Die Klägerin gab an lediglich Anordnungen bzw. Weisungen ihrer direkten Vorgesetzten nachgekommen. Diese hätten beabsichtigt, nach der bevorstehenden Auflösung der Kaserne möglichst viele Dienstfahrzeuge im Fahrzeugpool zu behalten. Dazu sei es wichtig gewesen, die Dienstfahrzeuge eine gewisse Mindestanzahl an Kilometern bzw. Meilen zu nutzen. Zum Tanken nutzte sie ebenfalls auf Anweisung des direkten Vorgesetzten die Tankkarte des Arbeitgebers und trug falsche Zeiten in das Fahrtenbuch ein.
Das Landesarbeitsgericht hielt die Kündigung für unwirksam. Zwar habe die Klägerin ihre Vertragspflichten in erheblicher Weise verletzt. Sie habe das Dienstfahrzeug ihres Arbeitgebers privat auf dessen Kosten für mindestens 9.000 Kilometer genutzt. Auch wenn ihr die private Nutzung des Kraftfahrzeugs von ihrem direkten Vorgesetzten vorgeschrieben worden sei, könne ihr der heimliche und unaufrichtige Charakter seiner "Anweisungen" nicht verborgen geblieben sein. Denn sie sollte wahrheitswidrig falsche Zielorte im Fahrtenbuch notieren. Dies spreche nicht für ein redliches Vorgehen, vielmehr sei das Verhalten, das der direkte Vorgesetzte angeordnet bzw. gefordert haben soll, insgesamt auf Heimlichkeit angelegt gewesen. Es hätte sich der Klägerin aufdrängen müssen, dass es sich bei den Erklärungen des direkten Vorgesetzten um rechtswidrige Dienstanweisungen gehandelt haben müsse, die auf vorsätzliche Täuschung der für die Fahrzeugflotte zuständigen Vorgesetzten hinausliefen. Ein Arbeitnehmer, der sich bei der privaten Nutzung eines Dienstwagens pflichtgemäß verhalte, müsse keine falschen Ziele im Fahrtenbuch eintragen.
Gleichwohl sei es dem Arbeitgeber zuzumuten, die Klägerin weiter zu beschäftigen. Angesichts der Umstände des Streitfalls hätte eine Abmahnung als Reaktion auf das Fehlverhalten der Klägerin ausgereicht. Zwar war die Klägerin bei Ausspruch der Kündigung erst zwei Jahre beim Arbeitgeber beschäftigt, so dass sie keinen nennenswerten sozialen Besitzstand oder erhebliches "Vertrauenskapital" erworben hätte. Es gehe jedoch um ein steuerbares Verhalten. Es sei davon auszugehen, dass das künftige Verhalten der Klägerin schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv hätte beeinflusst werden können.
Eine verhaltensbedingte Kündigung ohne Abmahnung muss hohe Hürden nehmen. Eine sichere Prognose, wann ein Gericht eine solche für entbehrlich hält, ist kaum möglich. Verhaltensbedingte Kündigungen ohne Abmahnung sollten daher generell vom Arbeitnehmer mit einer Kündigungsschutzklage angegriffen werden.
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