10.11.2022 - EuGH: Deutsche Umwelthilfe bekommt Klagerecht im Dieselskandal! Rückrufe und Stilllegungen von Millionen Dieselfahrzeugen drohen.

  • SEIT 2017 AUSSCHLIESSLICH IM VERBRAUCHERSCHUTZ TÄTIG
  • ERFAHRUNG AUS ÜBER 20.000 DIESELSKANDAL- UND WIDERRUFSFÄLLEN
  • BIS ZU 100 TSD. EURO SCHADENSERSATZ
  • KOSTENFREIE & UNVERBINDLICHE ERSTEINSCHÄTZUNG
  • BUNDESWEITE VERTRETUNG

Der Spiegel hatte bereits darüber berichtet. Der Europäische Gerichtshof urteilte am 08.11.22: Die Deutsche Umwelthilfe hat die Befugnis, ihr Verbandsklagerecht zu nutzen und gegen erteilte Typengenehmigungen des Kraftfahrtbundesamt (KBA) vorzugehen.

Hintergrund war, dass das KBA sogenannte Freigabebescheide im Jahr 2015 erteilte, nachdem Rückrufe von Dieselfahrzeugen stattfanden. Es erteilte die Freigabebescheide, als die Hersteller die geänderten Vorgaben des KBA erfüllten (Software-Update, Hardware-Lösung). Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) ist jedoch der Auffassung, dass das KBA diese Freigabebescheide zu Unrecht erteilte. Schließlich gab es weiterhin illegale Abschalteinrichtungen.
Das Verwaltungsgericht Schleswig stellte im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens Fragen zur Zulässigkeit eines Klagerechts der DUH an den EuGH.

EuGH stuft Thermofenster erneut als illegal ein

Weiterhin bestätigte der EuGH, dass die mit Erlaubnis des Verkehrsministeriums weiter betriebenen Abschalteinrichtungen im Winter illegal sind. Das liegt an den niedrigen Temperaturen. Hintergrund dieser Entscheidung sind die sogenannten Thermofenster der Hersteller. Unter Thermofenster versteht die Autoindustrie Bereiche, in der die Abgasrückverbrennung (also die Abgasreinigung) funktioniert. Befindet sich die Außentemperatur jedoch nicht in diesem „Thermofenster“, funktioniert die Abgasrückverbrennung nicht oder nur sehr eingeschränkt. Viele Hersteller von Dieselfahrzeugen haben dabei einen Temperaturbereich von 15-30 Grad Celsius, in der die Abgasreinigung funktioniert. Schaut man sich jedoch die durchschnittliche Temperatur in Deutschland an, wird klar, dass dort die Abgasreinigung bei Fahrzeugen mit Thermofenstern meist nicht funktioniert. Die durchschnittliche Temperatur liegt hier nämlich lediglich bei 9,4 Grad Celsius. Der Europäische Gerichtshof hatte dies bereits im Juli 2022 eindeutig geurteilt. Ein Rausreden der Hersteller, dass eine Abschaltung der Abgasreinigung zum Schutz der Motoren erfolgt, ist inakzeptabel. In anderen Ländern, in denen die Genehmigung besonders streng ist, verwenden die Konzerne teurere Technik. In Europa haben sich die Hersteller diese gespart. So verwendet BMW in seinem Modell in den USA einen SCR-Katalysator. Dieser funktioniert mit dem Harnstoff AdBlue. Mit dieser Technologie erfolgt auch bei niedrigeren Temperaturen die Abgasreinigung, ohne Motorschäden zu riskieren. Besonders brisant: Das europäische Modell verfügt nicht über diese Technologie, obwohl es sogar eine Aushöhlung für diese Art von Katalysator hat.

Welche Rolle spielt die Verbandsklagebefugnis?

Der EuGH führte in seinem Urteil aus, dass es nicht möglich ist, dass die neueste Novellierung des Umweltrechtsbehelfsgesetzes (UmwRG) in seiner jetzigen Form weiter besteht. Schließlich enthält es keine Verbandsklagebefugnis für rechtswidrige Genehmigungen.
Das Umweltrechtbehelfsgesetz regelt dabei das Verbandsklagerecht von Umweltverbänden. Hintergrund ist, dass das deutsche Verwaltungsrecht Klagen normalerweise nur zulässt, wenn eine subjektive Rechtsverletzung vorliegt. Hier ist von einer eigenen Betroffenheit in Rechten die Rede. Auf Umweltverbände trifft dies jedoch normalerweise nicht zu. Deshalb führte 1998 die Aarhus Konvention ein Verbandsklagerecht für Umweltverbände ein, um gegen Umweltverschmutzung und Umweltverstöße vorzugehen. Auf dieser Aarhus Konvention, ein völkerrechtlicher Vertrag, basiert die europäische Umsetzung und auf dieser wiederum das Umweltrechtsbehelfsgesetz. Dies hört sich umständlicher an als es ist. Denn im Rahmen von völkerrechtlichen Verträgen, wie die Aarhus Konvention, wird zunächst ein großer Radius gesteckt. Dieser Rahmen wird anschließend europarechtlich angepasst und verfeinert. Die europäischen Mitgliedstaaten haben die Pflicht, die europarechtlichen Vorgaben umzusetzen. Wird dies, wie vorliegend beim UmwRG, nicht befolgt, verstößt dies nun gegen europäisches Recht.

Genau dieses Verbandsklagerecht bei rechtswidrigen Genehmigungen hätte das UmwRG laut EU-Recht enthalten müssen. Nicht zum ersten Mal wurde Deutschland verurteilt, das UmwRG anzupassen, weil es illegale Regelungen enthielt. Diese fehlende Klagebefugnis vergaß die Vorgängerregierung jedoch nicht nur. Sie fügte sie mit Absicht zum Schutz der Autoindustrie nicht ein. Dies belegen Recherchen des ZDF Frontal21 Teams. Nach diesen Recherchen belegen Regierungsdokumente: Das Bundesverkehrsministerium verhinderte, dass Umweltverbände gegen die Typengenehmigungen vorgehen. Der ehemalige Staatssekretär Reiner Bomba hatte bereits 2016 (also bereits ca. 6 Monate nach Bekanntwerden des Dieselskandals bzw. Abgasskandals) erklärt, dass diese Klarstellung im Blick auf Typengenehmigungen bedeutsam sei. Auf Deutsch: Wird das Verbandsklagerecht eingeführt, hat dies große Auswirkungen auf die Autoindustrie. Dies gelangte an die Öffentlichkeit. Die Folge: Das Bundesministerium für Verkehr erhält für sein Verhalten zu Recht das Armutszeugnis für den deutschen Rechtsstaat.
Das Verwaltungsgericht Schleswig muss nun einen Weg finden, dass die Klagebefugnis der Deutschen Umwelthilfe bejaht wird. VW äußerte sich im vorliegenden Verfahren als beigeladenes Unternehmen. Die Klagen blieben bisher erfolglos, da nach Ansicht von VW das Thermofenster immer noch zulässig sei.

Besonders verwerflich ist dabei der Umstand, dass Studien Folgendes ergaben: Verwendet die Autoindustrie endlich vernünftige Katalysatoren, verhindert dies tausende Todesfälle in Deutschland. Außerdem arbeitete die Regierung maßgeblich Hand in Hand mit der Autoindustrie zusammen, damit ein Klagerecht nicht durchgesetzt wird. Dies lässt an einem demokratischen Staat zweifeln.

Verbraucher müssen mit der Stilllegung Ihrer Fahrzeuge rechnen

Diese Entscheidung des EuGH hat womöglich weitreichende Folgen für Dieselbesitzer. Sie bangen nun, ob dieser Umstand die Stilllegung ihres Fahrzeugs zur Folge hat. Dies betrifft vor allem Fahrzeuge der Euro 5 Norm, aber auch neuere Fahrzeuge mit der Euro 6 Norm. Fraglich ist weiter, ob dieses Urteil nun einen Hardwareumbau erfordert, also ein Einbau eines SCR-Katalysators. Doch auch beim SCR-Katalysator gibt es bereits Fälle, in denen die Autoindustrie schummelt. So schaltet sich bei einigen Herstellern die AdBlue Einspritzung nach einer gewissen Zeit ab. Die Autoindustrie befürchtet, dass die Fahrzeuge bei praktisch „zwei Mal tanken“ zu unattraktiv werden. Ein echtes Armutszeugnis der deutschen Autoindustrie.

Die Kanzlei Wawra & Gaibler rät Besitzern, die der Abgasskandal bzw. Dieselskandal betrifft:

Die Kanzlei Wawra & Gaibler rät deshalb Besitzern von Dieselfahrzeugen, sich gegen die schummelnde Autoindustrie zu wehren. Wir bieten Ihnen einen kostenlosen Betroffenencheck und eine kostenlose und unverbindliche Erstberatung. Dr. Florian Gaibler, Partneranwalt der Kanzlei Wawra & Gaibler, rät: „Nutzen Sie die Möglichkeit, Wertminderung und nun wieder im Raum stehende Stilllegung zu vermeiden, indem Sie frühzeitig eine Beratung einholen. Dieses Verhalten der Autoindustrie ist völlig inakzeptabel. Ein Vorgehen gegen die Autoindustrie lohnt sich außerdem auch in jedem Fall finanziell. Nehmen wir an, Sie haben Ihr vom Abgasskandal bzw. Dieselskandal betroffenes Fahrzeug vor fünf Jahren für 20.000 Euro erworben. Machen Sie nun vor Gericht geltend, dass Sie Ihr Fahrzeug zurückgeben wollen, können Sie das Auto meist gegen einen kleinen Wertersatz zurückgeben. Verlangen Sie alternativ auch Schadensersatz und behalten Sie Ihr Fahrzeug. Sie sehen also, es lohnt sich auf jeden Fall, etwas gegen die Betrügereien der Autoindustrie im Dieselskandal bzw. Abgasskandal zu unternehmen. Besitzen Sie eine Rechtsschutzversicherung? Dann ist das Vorgehen sogar meist kostenfrei oder gegen eine Selbstbeteiligung von 150-300 Euro möglich. Ein Prozessrisiko besteht dann dadurch nur in Höhe Ihrer Selbstbeteiligung, wobei die Gerichte inzwischen immer verbraucherfreundlicher urteilen. Der EuGH zwingt sie dazu.“

Vom Dieselskandal bzw. Abgasskandal betroffen? – Kontaktieren Sie uns

Sind Sie vom Dieselskandal bzw. Abgasskandal betroffen? Dann kontaktieren Sie uns jederzeit über unser Kontaktformular oder erreichen uns telefonisch.

Bekannt aus

Wawra & Gaibler Rechtsanwalts GmbH
- Verbraucherschutz und Arbeitsrecht Rechtsanwälte

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