Die Ampelkoalition möchte gegen Hass und Hetze im Internet vorgehen und hierfür ein Gesetz gegen digitale Gewalt erlassen. Im vorgestellten Eckpunktepapier sollen Accountsperren und Auskunftsrechte Betroffene vor Beschimpfungen und Beleidigungen schützen.
Der Umgang im Netz ist unter anderem von sexistischen Kommentaren und Beleidigungen geprägt. Selbst Morddrohungen sind keine Seltenheit. Die Ampelkoalition möchte nun mittels neuer Regelungen gegen Hass und Hetze im Internet vorgehen. So sieht es der Koalitionsvertrag vor. Das vorgestellte Eckpunktepapier beinhaltet mehrere Neuerungen. Hierzu zählen zum Beispiel richterlich angeordnete Accountsperren. Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) betont in ihrem Vorschlag und Gutachten, dass die richterlich angeordneten Accountsperren eine der wichtigsten Maßnahmen sind. Das Eckpunktepapier legt genaue Voraussetzungen für diese Anordnung fest und stellt sie als Schutzmaßnahme gegen notorische Rechtsverletzer dar. Die Voraussetzungen orientieren sich dabei weitgehend an den Kriterien des Digital Service Acts (DSA), der ebenfalls Accountsperren vorsieht.
Bedingungen für eine Accountsperrung im Zusammenhang mit schwerwiegenden Verletzungen des Persönlichkeitsrechts
Voraussetzung für eine solche Sperrung: Eine Inhaltsmoderation als bloße Löschung von Inhalten reicht nicht aus. Es liegt eine Wiederholungsgefahr für weitere schwerwiegende Verletzungen und Beeinträchtigungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vor. Die Accountsperrung hat zudem verhältnismäßig zu sein. Sie ist zeitlich begrenzt anzuordnen. Eine Verletzung von Community-Standards allein reicht nicht aus, wenn keine Rechtsverletzung vorliegt. Vor der Anordnung einer Sperre muss dem betroffenen Account außerdem Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden. Ferner muss er über das Sperrersuchen informiert werden. Diese Bedingungen sollen den Eingriff in die Meinungsfreiheit rechtfertigen, der mit einer Accountsperre einhergeht.
Experten des Bundes-Ministeriums für Justiz (BMJ) begrüßen diesen Vorschlag. Dennoch gibt es an den Plänen zur konkreten Ausgestaltung des Gesetzes Kritik. So bemängeln Kritiker, dass Täter digital mehrfach auffallen müssen, bevor eine Sperrung in Betracht kommt. Es erscheint unlogisch, dass eine Sanktion erst nach mehrfachen Beleidigungen droht. Vorsitzender der GFF, Ulf Buermeyer, schlägt vor, dass kurzzeitige Accountsperrungen bereits infrage kommen, wenn Täter erstmalig auffallen. Möglich ist außerdem die Abwägung der Verhältnismäßigkeit der Sperrung.
Verbesserung der privaten Auskunftsrechte und Herausgabe von Nutzungsdaten
Ziel ist es außerdem, die private Auskunftserteilung zu verbessern. So erhalten Betroffene schneller und umfassender Zugang zu den Daten von Nutzerkonten der Täter. Laut dem Papier des BMJ sollen künftig auch Nutzungsdaten wie IP-Adressen herausgegeben werden. Die Herausgabe erfolgt, sofern dies angemessen und für die Rechtsverfolgung notwendig ist. Bislang bezog sich dies auf Bestandsdaten wie Name oder E-Mail-Adresse. Allerdings ist das unzureichend, da die Anbieter oft keine oder falsche Daten besitzen. Das Gericht solle wie bisher alle Anbieter von Messenger- und Internetdiensten verpflichten dürfen, Daten herauszugeben, um IP-Adressen zuzuordnen.
Das Eckpunktepapier kündigt auch eine weitere Neuerung in Bezug auf Auskunftsrechte an. Demnach soll es auch Auskunftsrechte für Gewerbebetriebe geben. Zum Beispiel haben Gastrobetriebe oft mit ungerechtfertigten, schlechten Rezensionen zu kämpfen. Bisher war ein Auskunftsverfahren nur bei bestimmten strafbaren Inhalten möglich. Die Erweiterung sieht künftig auch die Erfassung wahrheitswidriger Restaurant-Kritiken vor. Die Anbieter entsprechender Dienste sollen nach Einleitung eines Auskunftsverfahrens zur Sicherung von Daten verpflichtet werden. Dies verhindert den Verlust von Beweismitteln.
Eine Änderung, die ausdrücklich begrüßt wird, ist ebenfalls in den Vorschlägen des BMJ enthalten. Demnach sind soziale Netzwerke weiterhin verpflichtet, einen "Zustellungs-Bevollmächtigten" im Inland zu haben. Das trifft auch zu, obwohl der europäische "Digital Services Act" das deutsche Netzwerk-Durchsetzungsgesetz und dessen Regelungen künftig ersetzt. Das betrifft nicht nur die Post von deutschen Gerichten an die Plattformen, sondern auch zukünftige außergerichtliche Schreiben. Dank dieser Regelung haben Organisationen wie HateAid bei juristischen Konflikten direkt eine deutsche Adresse der Plattformen als Kontaktmöglichkeit. Sie benötigen nicht mehr den Umweg über die europäischen Hauptsitze der Konzerne in Irland. Dies vereinfacht und beschleunigt die Abläufe erheblich.
Interessierte haben nun bis zum 26. Mai 2023 die Gelegenheit, zum Eckpunktepapier Stellung zu nehmen. Das BMJ wird auf Basis der Rückmeldungen einen Referenten-Entwurf erstellen. Diesen legt das BMJ voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte 2023 vor.
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